- Literatur - Reiseblog

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Bulgarien
 
 
Kennst du das Land, wo Souvenirgeschäfte duften?


 
Das Flugzeug startet, und wir sind wieder über den Wolken. Drei Wochen sind vergangen, seit wir in Burgas gelandet sind, und was wird wohl von diesem Urlaub in Erinnerung bleiben?

In erster Linie die Begegnungen mit den Menschen. So fragte mich eines Tages die Oma aus dem Nachbarhaus, die ich zu Beginn unseres Aufenthaltes um die Erlaubnis gebeten hatte, die herrlichen Tomaten in ihrem Garten fotografieren zu dürfen, warum ich denn nach der ganzen Zeit, die wir schon am Meer waren, immer noch nicht brauner sei.

Immer wieder erkundigten sich der Lebensmittel- und der Schreibwarenverkäufer, die häufig vor ihren Geschäften auf der Straße standen, wie es uns denn gehe, und freuten sich, wenn ich ihnen erzählte, was wir als Nächstes geplant hatten.

Da war der Hähnchenverkäufer, der den ganzen Tag bis tief in den Abend hinein an seinem Grill vor dem winzigen Supermarkt stand und uns eines Tages ein Hähnchen reservierte, damit ich nicht immer wieder kommen und fragen musste, ob die nächste Charge schon fertig sei - seine Hähnchen gingen nämlich buchstäblich weg wie warme Semmeln, und das durchaus zu Recht.

Und dann war da auch noch die Frau am Schalter des Postamtes, die mich bei meinem dritten Briefmarkenkauf lächelnd fragte: „Na, Sie schreiben wohl gern Postkarten?“ - was ich nicht einmal guten Gewissens hätte leugnen können.

Insgesamt haben wir mit den zwischenmenschlichen Beziehungen auf unserer Reise ausgesprochen positive Erfahrungen gemacht, und zwar nicht nur in der bereits beschriebenen Weise in unserem Hotel und in seiner unmittelbaren Umgebung.

Als wir am letzten Tag in Burgas waren, damit ich mich mit Büchern eindecken konnte, fragte ich beispielsweise eine Verkäuferin in der größten Buchhandlung am Platz nach einem bestimmten Bulgarisch-Lehrbuch. Sie erklärte mir zwar, dass man so etwas wohl nur in Sofia bekomme, zeigte mir aber sofort, wo und wie man es im Internet bestellen könne. Dabei stellte sich heraus, dass sie selbst an der Chemie-Fakultät der Sofioter Universität Bulgarisch für Ausländer unterrichtet hatte und dieser Tätigkeit immer noch im tiefsten Inneren nachtrauert. Umso mehr freute sie sich, nun mir auch Tipps zur aktuellen bulgarischen Literatur geben zu können, und ich war froh, dass ich ihr am Schluss alle Bücher zeigen konnte, die ich mir ausgesucht hatte, um zu erfahren, ob das, was ich nur anhand des Klappentextes beurteilen konnte, wirklich etwas taugt. Grundsätzlich ist es recht schwer, außerhalb von Buchhandlungen Bücher bulgarischer Autoren zu finden - es überwiegen Übersetzungen aus dem Englischen, und in den Touristenhochburgen ist es einfacher Originalliteratur auf Englisch oder Russisch zu kaufen als moderne bulgarische Literatur.

Ebenfalls am letzten Abend liefen wir noch einmal durch Sosopol, um zu fotografieren und in die Kirchen zu gehen, die wir bis dahin nur von außen gesehen hatten. Am Tag zuvor hatte ich eine kleine Holzkirche entdeckt, die getreu den Regeln des Osmanischen Reiches so weit in die Erde hinein gebaut worden war, dass wir sie vorher gar nicht wahrgenommen hatten. Als wir gegen 19.00 Uhr dort ankamen und sahen, dass die Kirche nur bis 18.00 Uhr geöffnet hatte, waren wir schon etwas enttäuscht, doch plötzlich kamen Leute aus der Kirche heraus, und eine ältere Dame schickte sich an, die Tür hinter ihnen wieder zu verschließen. Als ich fragte, ob wir nicht schnell noch einen Blick hineinwerfen dürften, erklärte sie uns, dass das erst am nächsten Tag wieder ginge. Nachdem ich ihr jedoch gesagt hatte, dass wir da schon abreisen müssten, ließ sie uns mit der Bemerkung „Aber nur für zwei-drei Minuten!“ ohne Umschweife in den Innenhof und erklärte einer anderen Dame, die  am Eingang der Kirche selbst saß, dass es nun einmal nicht anders ginge, weil wir ja schließlich am nächsten Tag abreisen würden.

Die letzte Besonderheit, die mir im Rückblick auf Anhieb einfällt, bringt mich wieder zurück zur Überschrift dieses Textes. Es sind die Souvenirgeschäfte und Stände, die sich bei aller mittlerweile dank der fortschreitenden Globalisierung erreichten Uniformität von Untersetzern, Postkarten und Schlüsselanhängern und ähnlichem ein gewisses unverwechselbares Lokalkolorit bewahrt haben. So nutzen beispielsweise ortsansässige Künstler diesen Absatzweg, um ihre Bilder bekannter zu machen, indem sie Reproduktionen davon als Kühlschrankmagneten verkaufen - eine für den Touristen wenig kostspielige und dennoch originelle Möglichkeit, sich mit einem Teil der aktuellen Kunst des Landes vertraut zu machen. Die auffälligste Besonderheit aber ist der Duft, der fast allen Souvenirgeschäften in Bulgarien eigen ist: Durch die intensive Vermarktung von Produkten, die Rosenöl, Rosenessenz oder Rosenwasser enthalten, hat man immer wieder das Gefühl, man würde mitten in einem Rosengarten stehen, auch wenn es nur ein schnöder Andenkenladen ist. Dieser Duft ist so intensiv, dass man sich auf jeden Fall daran erinnert - und mit den entsprechenden Souvenirs hat man jederzeit die Möglichkeit, ihn sich bis zum nächsten Besuch in Bulgarien zu bewahren!

(Dieser Blogeintrag ist ein Auszug aus der gleichnamigen, in meinem Buch „Höhenangst in Paris, böhmische Drachen und eine wenig bekannte Wiedergeburt“ im Anthea-Verlag erschienenen Reiseskizze. Sie können Sie auch in elektronischer Form in dem E-Book über das jeweilige Land erwerben.)
 
 
 
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