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Märchenhaft-Tierisches in der Pfalz

 
Meine erste Begegnung mit den Figuren von Gernot Rumpf liegt bereits mehr als zehn Jahre zurück, und sie fand auch nicht in der Pfalz statt, sondern gerade noch in Baden-Württemberg, und zwar in Leimen. Damals konnte ich noch nicht einmal ahnen, dass es mich Jahre später immer wieder in die Geburtsstadt des Künstlers, nach Kaiserslautern, ziehen würde. Ich freute mich einfach an den fantasievollen Metallfiguren, die den Brunnen zierten und einen immer wieder Neues entdecken ließen. Neben zwei kleinen Drachen gab es dort ein Drachenei, aus dem offensichtlich der Nachwuchs der beiden seine Nase herausstreckte, aber auch einen Ritter,  durch dessen Visier man schauen und sich so als Ritter fühlen und fotografieren lassen konnte. Es gab technische Geräte, deren Zweckbestimmung man nur mit viel Fantasie erahnen konnte, und vieles andere mehr. Doch auch wenn ich diesen Brunnen nie vergessen habe, weil er mir so gut gefiel, wäre ich nie auf die Idee gekommen, Pendants dazu zu suchen, denn ich hielt ihn für ein Einzelstück. Doch weit gefehlt…

 
Jahre später erfuhr ich von meiner Freundin in Kaiserslautern, dass den dortigen Kaiserbrunnen ein ortsansässiger Künstler geschaffen hat, der in der Gegend auch kein Unbekannter ist. Sein Name ist Gernot Rumpf, und man kann seine Werke auch in Ausstellungen u.ä. bewundern.

 
Beim näheren Hinsehen fiel mir sofort auf, dass der Kaiserbrunnen offensichtlich keineswegs nur als Reminiszenz an die Geschichte gedacht ist, sondern auch mit vielen ebenso verspielten wie interessanten Details zum Verweilen und Entdecken einlädt. So gibt es etwa ein Paar Kostüme aus vergangenen Zeiten, das zunächst etwas kopflos daherkommt, das aber eigentlich dazu gedacht ist, dass man sich selbst dahinterstellen und dann sozusagen im Bronzekostüm fotografieren lassen kann. Nachdem ich den Brunnen mehrmals umrundet und eingehend betrachtet hatte, kamen mir Parallelen in den Sinn zu dem Leimener Brunnen, der mir schon vorher gut gefallen hatte.

 
Waren die ersten beiden Begegnungen noch Zufallstreffer gewesen, ging ich nun gezielt auf die Suche und fand mit Hilfe von Pfälzer Freunden innerhalb von zwei Tagen noch vier weitere Figurengruppen – eine ungewöhnlicher und fantasievoller als die andere. Wir sahen den Herxheimer Tabakbrunnen, bei dem es Sandhasen, ungewöhnliche Vehikel und sogar ein Einhorn gibt, eine Waschanlage, an der es sich auch Katzen gemütlich gemacht haben, und den Bornheimer Saubrunnen, an dem die dargestellten Schweine geradezu vor Vergnügen strotzen.

 
Wohin wir auch kamen, immer gab es kleine Verbindungselemente, die an allen oder zumindest den meisten Skulpturenensembles zu finden sind, wie zum Beispiel geflochtene Zöpfe an Drachen, Hasen oder anderen. All diese Figuren verführen dazu, der Fantasie freien Lauf zu lassen, denn statt einem Brunnen könnten sie in der überwiegenden Anzahl der Fälle auch einem Bilderbuch oder einem Märchen entstammen.

 
Den letzten Höhepunkt dieser Reise hatten wir uns für die Heimfahrt aufgehoben, denn um nichts in der Welt hätte ich nach dieser Horizonterweiterung einen Brunnen verpassen wollen, dessen Name schon mehr als märchenhaft klingt: Elwetritschebrunnen. Nachdem ich zu der Erkenntnis gelangt war, dass Elwetritsche nicht etwa, wie ich zuerst vermutet hatte, „Elfentrittchen“ sind, sondern ein Pfälzer Pendant zu Fabelwesen wie dem bayerischen Wolpertinger, gab es für mich als eingefleischten Märchenfan kein Halten mehr: Diesen Brunnen musste ich unbedingt noch sehen. Während alle anderen an diesem Tag auf den Festumzug des Weinlesefestes warteten, hatten wir einen fast freien Blick auf den Elwetritschebrunnen, der aus vogelartigen Fabelwesen in den verschiedensten Formen besteht.

 
So hat sich auch dieser letzte Abstecher mehr als gelohnt, und ich bin sicher, dass ich bei unseren nächsten Besuchen in der Pfalz auch noch andere Werke von Gernot Rumpf besuchen werde, denn zu sehen gibt es noch viele weitere außer den hier genannten. Wer es mir gleichtun möchte, dem sei eines mit auf den Weg gegeben: Bei jeder der Figurengruppen gibt es – gewissermaßen als Markenzeichen – ein Mäuschen. Es ist nicht immer auf den ersten Blick zu sehen, aber die Suche danach macht großen Spaß und lohnt sich auf jeden Fall!

(Dieser Blogeintrag ist ein Auszug aus der gleichnamigen, in meinem Buch „Höhenangst in Paris, böhmische Drachen und eine wenig bekannte Wiedergeburt“ im Anthea-Verlag erschienenen Reiseskizze. Sie können Sie auch in elektronischer Form in dem E-Book über das jeweilige Land erwerben.)
 
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