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Kroatien
 
„Suchen Sie den Mann in Gelb!“

 
Können eigentlich Automaten wegen Überfüllung geschlossen sein? Auf den ersten Blick hätte ich bis vor Kurzem wohl noch gesagt, nein, doch in Kroatien wurde ich eines Besseren belehrt, und das kam so: Wie in vielen Städten, begann auch unser Besuch in Zadar mit der Suche nach einem Parkplatz. Allein das ist schon ein Erlebnis, denn zwischen alter Stadtmauer und Schiffskai bieten sich bereits die ersten herrlichen Ausblicke. Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass wir bei Weitem nicht die Einzigen waren, die an diesem nicht ganz wolkenlosen Sonntag auf die Idee gekommen waren, dem Liegen am Strand einen Stadtbummel vorzuziehen, was sich dann auch in der Anzahl der noch freien Parkplätze niederschlug.

 
Das sollte jedoch nicht das Schwierigste daran sein, das Auto für einen gewissen Zeitraum irgendwo legal unterzubringen. Als wir einen Parkplatz direkt am Fuße der Stadtmauer gefunden hatten, stellte sich die Frage nach den Parkgebühren. Eine große Tafel teilte uns zunächst mit, dass das Parken an dieser Stelle von Montag bis Freitag zahlungspflichtig sei. Ein wesentlich längerer Zusatz besagte dann allerdings, dass in den Monaten Juli und August auch an Sonn- und Feiertagen Gebühren zu entrichten seien. Interessant war in diesem Zusammenhang, dass die Autos, die ohne Gebührenmarken auf dem Parkplatz standen, in der Regel kroatische Nummernschilder hatten, während die ausländischen Fahrer – ob nun in Kenntnis dessen, was da auf dem großen Schild stand, oder einfach vorsichtshalber – brav bezahlt hatten.

 
Genau das wollten wir auch tun. Es gestaltete sich aber schwieriger als gedacht. Münzen hatten wir nicht, und die Geldscheine wollten zunächst partout nicht in den dafür vorgesehenen Schlitz des Parkscheinautomaten passen. Doch was stand da auf dem Automaten? „Parkscheine können Sie auch am nächstgelegenen Zeitungskiosk kaufen!“ Hurra, einen Zeitungskiosk hatte ich beim Vorbeifahren doch gerade gesehen! Also nichts wie hin! Aber: Fehlanzeige! Obwohl man in Kroatien auch sonntags ganz entspannt einkaufen kann, weil die Geschäfte geöffnet sind, war das Einzige, was am nächstgelegenen Zeitungskiosk zu sehen war, eine große rote heruntergelassene Jalousie. Letztendlich haben wir es dann doch noch geschafft, den Parkautomaten für die nächsten drei Stunden mit Geldscheinen zu füttern, sodass unserem Stadtbummel nichts mehr im Weg stand.

 
Wir schlenderten also durch die alten Gassen – die (Park-)Uhr immer fest im Blick – und stellten kurz vor Ablauf der drei Stunden fest, dass wir noch nicht in der Basilika des Heiligen Donatus gewesen waren, die als eine der wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Zadar gilt. Das konnten wir uns natürlich nicht entgehen lassen, also gab es nur eins: Nachzahlen! Und damit nahm das Abenteuer Parkgebühren endgültig seinen Lauf, denn inzwischen weigerte sich der einzige Parkautomat, der mit Geldscheinen funktionierte, hartnäckig und vor allem standhaft, diese anzunehmen. (Dass er außer unseren nicht auch die vorher angenommenen Scheine angewidert wieder ausspuckte, war wirklich das Einzige, obwohl das in dieser Situation vielleicht ganz lustig gewesen wäre.)

 
Also machte ich mich auf den Weg in ein Café, um den nötigen Betrag in Münzen aufzutreiben. Die Kellnerin war zwar sehr freundlich, hatte aber selbst nur Scheine, und eine Kollegin, die sie ebenfalls ansprach, hatte zwar kein Kleingeld, aber einen guten Tipp: „Auf dem Parkplatz muss ein Mann in Gelb herumlaufen. Bei dem können Sie auch einen Parkschein kaufen.“ Das klang zwar schon einmal recht hilfreich, aber ich wollte auf Nummer Sicher gehen und versuchte mein Glück noch in einigen anderen Geschäften – irgendwer musste doch in dieser Stadt ein paar Münzen für mich haben. Doch weit gefehlt! Wohin ich auch kam und mit meinem 10-Kuna-Schein wedelte, hörte ich gleich am Eingang wie ein immer wiederkehrendes Mantra: „Suchen Sie den Mann in Gelb!“

 
Kinderbuchaffin, wie ich bis heute bin, fühlte ich mich dabei nach und nach wie eine Mischung aus Dorothy, der jeder sagte, sie müsse den gelben Backsteinweg finden, und Momo auf der Suche nach den Grauen Männern. Die Situation schien mir reichlich surreal zu sein. Das änderte sich allerdings, als ich bei meinem dritten „Besuch“ auf dem Parkplatz tatsächlich einen älteren Herrn in einer gelben Warnweste sah, der mit einem Handdrucker Parkscheine verkaufte. Natürlich hatte sich auch schon eine unübersehbare Schlange zahlungswilliger Autofahrer um ihn herum gebildet. Wäre er zuvor schon da gewesen, wäre er mir mit Sicherheit aufgefallen, und eine deutsche Touristin, die vor mir in der Schlange stand, erklärte mir ungefragt: „Der ist aber gerade erst gekommen.“ Sei’s drum, mir konnte es zum Glück egal sein, Hauptsache, ich wurde mein Geld los, und wir konnten uns beruhigt ohne Angst vor Strafzetteln, Parkkrallen und Co. die Basilika anschauen!

 
Genau das taten wir dann auch, und als wir zum letzten Mal für diesen Tag zu unserem Auto zurückkehrten, war der Mann in Gelb wieder verschwunden. Die Parkautomaten funktionierten noch immer nicht, und bis zum Ende der gebührenpflichtigen Zeit waren noch einige Stunden übrig. So konnte ich an die Kroaten, die uns fragten, ob wir demnächst wegfahren würden, damit sie unseren Parkplatz übernehmen konnten, nur das Mantra dieses Nachmittags weitergeben: „Suchen Sie den Mann in Gelb!“

 
(Dieser Blogeintrag ist ein Auszug aus der gleichnamigen, in meinem Buch „Höhenangst in Paris, böhmische Drachen und eine wenig bekannte Wiedergeburt“ im Anthea-Verlag erschienenen Reiseskizze. Sie können Sie auch in elektronischer Form in dem E-Book über das jeweilige Land erwerben.)
 
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