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Reisen
 
Saint-Jean-du-Gard, 12.09.1991 (Donnerstag)

 
Da wir den gestrigen Tag vollständig damit zugebracht haben, auf ziemlich umständlichen Wegen aus der Provence in die Cevennen zu kommen, halte ich es für günstig, ausnahmsweise zwei Tage zusammenzufassen. Gestern sind wir mit mehrmaligem Umsteigen (in Nîmes und Alès) hier, in Saint Jean du Gard, der „Perle der Cevennen“, angekommen. Damit befinden wir uns wieder im Languedoc, wenn auch nicht in der Provinz, zu der Montpellier und Sète gehören.

 
Die Stadt selbst ist ziemlich klein und liegt mitten in einem Tal, umgeben von Bergen mit einer Höhe ab 500 m. Schade ist nur, dass es schon den ganzen Tag lang mit einigen Unterbrechungen regnet, was uns jedoch nicht daran gehindert hat, nach dem ganzen Stadttrubel heute erst einmal zu wandern. Unser Ziel war der Arbousse, dessen Gipfel in einer Höhe von 566 m liegt. Von dort aus hat man eine wunderbare Übersicht über das ganze Tal. Problematisch waren allerdings der Auf- und der Abstieg, da die französische Definition eines Wanderweges von unserer doch ziemlich stark abweicht. Dafür ist zum Beispiel eine Steinschlagstrecke kein Hinderungsgrund, ebenso wenig wie ein Wegstück, wo die nicht bewachsene Breite maximal 50 cm ausmacht. Beim sogenannten „Weg Nr. 1“, den wir uns naiverweise für den Abstieg ausgesucht hatten, ohne ihn vom Aufstieg her zu kennen, wäre aufgrund der steilen Lage die Bezeichnung „Rutschbahn“ wesentlich angebrachter gewesen, zumal wir vom Regen überrascht worden und die nicht aus Steinen bestehenden Abschnitte des Pfades dementsprechend aufgeweicht waren. Manchmal könnte es hier also durchaus ratsam, wenn auch zugegebenermaßen weniger romantisch sein, so weit wie möglich die normalen, für Autos vorgesehenen Landstraßen zu nutzen.

 
Trotz aller Umstrittenheit der Wege kann man aber eine interessante Flora (mit teilweise selbst für angehende Biochemiker nicht identifizierbaren Bäumen) und Fauna (Eidechsen und Ähnliches Getier) beobachten.

 
Nach der Wanderung setzten wir uns dann in das „Restaurant de la Paix“, wo wir bereits gestern die Zeit überbrückt haben, als die Herren der Schöpfung auf der Suche nach einem geeigneten Campingplatz waren. Das Ergebnis hätte man allerdings auch erzielen können, wären wir zu viert dort sitzen geblieben. Kurze Zeit nach uns waren nämlich zwei Holländer gekommen, die uns auf die absolut richtige Spur schickten. Das Restaurant selbst zeichnet sich in erster Linie durch den bisher billigsten Kaffee in Frankreich, nette Kellner und eine ortsansässige Hündin aus, wobei man meinen könnte, dass Etablissement gehöre ausschließlich ihr. Überhaupt macht das Städtchen den typischen „Jeder-kennt-jeden“-Eindruck und ist daher nach den vielen Mittel-, Groß- und Riesenstädten auf unserer Reise sehr erholsam, um wieder Kraft für Spanien zu schöpfen.
 
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