Paris, 06.09.1991 (Freitag) – 2. Teil
Heute früh haben wir wieder unser Ränzlein geschnürt und
unseren Zeltplatz verlassen. Da (für unsere visuellen Begriffe) ganz in der
Nähe der Porte Maillot, unserer Metrostation, eine weitere Besonderheit von
Paris zu sehen war, stiefelten wir mit den Kraxen auf dem Rücken dorthin los.
Zu diesem Zeitpunkt ahnten wir allerdings noch nicht, dass wir bis La Défense
eine Stunde Fußmarsch vor uns hatten. Aber es hat sich gelohnt.
La Défense ist ein Viertel, das in den Siebzigerjahren
gebaut wurde und hypermodern aussieht. Auf jeden Fall
findet man dort eine meines Erachtens sehr interessante Mischung von Bäumen,
Springbrunnen und völlig übertriebener Architektur. Einige Elemente von
Skulpturen und Springbrunnen erinnern auch stark an den Strawinsky-Brunnen vor
dem Centre Pompidou. Man mag von dieser Art Städtebau halten, was man will,
interessant ist es auf jeden Fall.
Danach ging leider viel Zeit damit verloren, dass wir uns zwei
Stunden lang überlegt haben, wohin wir nun eigentlich weiterfahren, da die
Reservierung nach Avignon, die wir ursprünglich geplant hatten, nicht geklappt
hat. Daher sind wir jetzt auch auf dem Weg nach Montpellier.
Abends waren wir noch auf der Place de la Bastille, wo außer
einer Siegessäule vom ursprünglichen historischen Hintergrund nichts mehr
erhalten geblieben ist. Dafür findet man auch hier wieder ein modernes Bauwerk,
die Opéra Bastille, auf deren Stufen man, wie wir später feststellten,
hervorragend picknickmäßig Abendbrot essen kann.
Bei einem kleinen Abstecher sahen wir uns noch die
historische Oper an, die zwar vom Baustil her altehrwürdig ist, aber auch
mitten im Verkehrschaos steht, was den Zugang zu ihr erheblich erschwert.
Um 21.03 Uhr fuhr dann unser Zug vom Gare de Lyon ab. Auch wenn
wir nur eine sehr kurze Zeit in Paris waren, werden mir doch mehrere Dinge in
Erinnerung bleiben: das Verkehrschaos, dass fünf Polizisten auf einer trotz
allem beampelten Kreuzung mit allem Pfeifen nicht lichten können, die Tatsache,
dass die meisten Pariser dem Klischee der Stadt der Mode durchaus gerecht
werden, obwohl sie in die Oper genauso gekleidet wie zur Arbeit gehen, die
lustigen Sperren an Metroeingängen, wo man seine Fahrkarte hineinsteckt, um sie
einen Meter weiter völlig unverändert wieder zu bekommen, die Tatsache, dass
nach 21.00 Uhr keine Busse mehr fahren, Preise, die einen zum Wahnsinn treiben
können, und vieles mehr. Auf jeden Fall wird dies bestimmt nicht unser einziger
Besuch in Paris bleiben, denn viel Anziehendes hat diese Stadt schon.