- Literatur - Reiseblog

Direkt zum Seiteninhalt

Hauptmenü:

Russland
 
Es sind Pinguine in der Stadt

 
 
Pinguine in der Stadt? Und dann auch noch in Rosa? Mit Eisbären im Vereine?

 
Gut, Moskau wird zwar in sämtlichen Klischees und Vorurteilen eine geradezu ganzjährige, vermeintlich sibirische Kälte nachgesagt, aber dass das im Juli wirklich nur ein Gerücht ist, sollte sich inzwischen allenthalben herumgesprochen haben. Ein Blick auf das Thermometer, das dieser Tage fast immer über 30 °C anzeigt, tut dann ein Übriges.

 
Wo kommen sie also her, die überlebensgroßen Polarbewohner, die in der Natur aufgrund der geografischen Gegebenheiten nie etwas miteinander zu tun bekommen und nun in trauter Eintracht nebeneinander im Zentrum der russischen Hauptstadt stehen?

 
Des Rätsels Lösung ist ebenso einleuchtend wie banal: Das Ganze ist eine riesengroße Werbeaktion unter dem Titel „Moskauer Eis-Festival“. Dass es sich hierbei nicht um Eis in Form von Schollen, Skulpturen oder kleinen Würfeln, sondern um den süßen Inhalt von Papp- und Waffelbechern handelt, versteht sich zumindest in der russischen Bezeichnung zum Glück von selbst. Wo immer man einem Snowboard fahrenden Pinguin oder einem Eisbären mit einer typisch russischen Mütze mit Ohrenklappe begegnet, ist der nächste Eisstand mit Sicherheit nicht weit entfernt. Und auch wenn ich keinen Kiosk entdecken konnte, an dem, wie auf einschlägigen Internetseiten versprochen, Gratis-Eis verteilt wurde, ist die Vielfalt dennoch erstaunlich.

 
Während das viel gepriesene Moskauer Eis immer Sahneeis war, bei dem sich die einzelnen Sorten - zumindest in meiner Erinnerung - eher durch den Fettgehalt und den Schokoladenüberzug voneinander unterschieden, findet man inzwischen auch Sorbets aller Art und sogar Dinge wie Himbeer-Mango-Eis am Stiel, dessen kleine Fruchtstücke einen alle Überlegungen über den Chemiegehalt über Bord werfen lassen.

 
Die Moskauer selbst sehen das Ganze jedoch etwas anders als die Touristen. So hört man schon ab und zu, die großen bunten Figuren würden das Stadtbild verschandeln und das jeweilige Eis sei ohnehin viel zu teuer. Letzteres ist sicher auch nicht von der Hand zu weisen, schließlich ist „Mövenpick“ augenscheinlich die am stärksten vertretene Marke, und auch bei uns gehört dieses Eis nicht gerade zum Billigsegment. Wenn aber 50 Gramm Eis bis zu zwei Euro kosten, kann man sich in einer wirtschaftlich gebeutelten Stadt, in der Monatsverdienste von 200 Euro keine Seltenheit sind, durchaus vorstellen, dass Eiskugeln dieser Preiskategorie nicht eben die höchste Priorität beim Einkaufen haben.

 
Zum Glück findet man mit etwas Suchen aber auch günstigeres Eis, das ebenso gut schmeckt, und mir haben die rosa Farbtupfer im Straßenbild gut gefallen - wo sonst kann man schließlich noch Skiläufer und voll besetzte Schlitten mitten im Hochsommer sehen?!
 
Copyright 2015. All rights reserved.
Zurück zum Seiteninhalt | Zurück zum Hauptmenü