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Spanien
 
 
Von Eiern und Elefanten
 

 
Will man sich Dalí in Katalonien abseits der ausgetretensten Touristenpfade nähern, bietet sich ein Besuch in einem der mit ihm verbundenen Häuser an, die inzwischen zu Museen ausgebaut wurden. Das bekannteste ist sicher das bereits erwähnte alte Stadttheater von Figueres, das jedoch direktes Ziel der erwähnten Touristenpfade ist.  Etwas weniger berühmt und somit auch bei Weitem nicht so überlaufen sind die ehemalige Burg Púbol und das Haus in Port Lligat, in dem der Maler ab 1930 mit seiner Frau Gala gelebt hat. All diese Sehenswürdigkeiten bilden sie das sogenannte Dalí-Dreieck, das man, wenn man seinen Urlaub an der Costa Brava verbringt, gut mittels mehrerer Tagestouren erkunden kann.

 
Port Lligat befindet sich am Strand einer kleinen Bucht in der Nähe von Cadaqués, und das Haus kann nur nach vorheriger Vereinbarung besichtigt werden, was die Besucherströme drastisch reduziert. Hat man diese Hürde aber einmal genommen, eröffnet sich ein komplettes Universum, das die verschiedensten Facetten von Dalís Schaffen und auch seinen Vorlieben zeigt. Bereits beim Betreten des Hauses wird man von einem großen ausgestopften Eisbären empfangen, der zuvor schon in Dalís Wohnung in Paris gestanden hatte. Da man weiß, dass Michelangelos David den Meister stets fasziniert hat, ist es auch fast nicht verwunderlich, hier eine Replik dieser Skulptur mit Fechtermaske und Duschschlauch in der Hand zu sehen. Im Garten wird das Ganze durch Anlehnungen an die Pop-Art wie das Michelin-Männchen und eine Werbung für Pirelli-Reifen an der Stirnseite des riesigen Swimmingpools ergänzt.

 
Prägnantestes Wahrzeichen des Hauses in Port Lligat dürften aber neben dem Baum, der gleichsam aus einem Fischerboot herauswächst, die überdimensionalen Eier sein, die einen bereits von Weitem vermuten lassen, dass sich unter dem Dach, auf dem eines von ihnen platziert ist, etwas Besonderes verbirgt, auch wenn es sich dasselbe nur den zum Haus gehörenden Taubenschlag bedeckt. Weitere Eier zieren den Garten, und dass eines von ihnen oben quasi aufgeschlagen und innen hohl ist, sodass man hineinklettern und sich darin fotografieren kann, passt zweifellos ins Bild.

 
Was für Port Lligat die Eier, sind für Púbol die Elefanten. Dass es sich dabei nicht um gewöhnliche Elefanten handelt, versteht sich bei Dalí wohl von selbst. Nein, diese Tiere, die neben einem Brunnen mit verschiedenfarbigen Wagner-Porträts den Garten der alten Burg schmücken, stehen auf langen, spindeldürren Beinen, die eher an die einer Giraffe oder eines Storches erinnern, und sind dem geübten Betrachter bereits von vielen Gemälden her vertraut.

 
Die Burg hatte Dalí 1969 für seine Frau gekauft und ihr dort ein Refugium geschaffen, das sogar er selbst nur nach schriftlicher Einladung betreten durfte. Gala richtete sich die Burg als "Gespensterschloss" selbst ein. So ist auch die Möblierung deutlich übersichtlicher als in Port Lligat. Allerdings findet man dennoch in jedem Raum in irgendeiner Form die Handschrift des berühmten Surrealisten, wobei das Prunkstück sicher der Thronsaal darstellt. Hier gibt es ein Deckengemälde, auf dem er für Gala den Tages- und den Nachthimmel verewigt hat, ein lebensgroßes Bildnis seiner Muse und eine zugemauerte Tür, der er durch die Trompe-l'œil-Zeichnung einer offenen Tür neues Leben eingehaucht hat. Außerdem steht hier ein Sessel, der ihm, der 1982 in den Stand eines Marqués von Púbol erhoben wurde, von zwei hölzernen Panthern bewacht, als Thron diente.

 
Allerdings können auch die überall wohl platzierten Bilder Dalís sowie die regelmäßig stattfindenden Sonderausstellungen über einzelne Aspekte seiner Arbeit im Nachhinein nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei der Burg Púbol um den Wohnsitz einer Dame handelte. So findet man inzwischen außer dem Ankleidezimmer hier auch eine Ausstellung von Galas Festkleidern. Tritt man jedoch hinaus auf die Terrasse, passiert man auf dem Weg dorthin auch noch eine alte Kutsche und zwei Autos, mit denen Dalí selbst gefahren ist, sodass selbst die weniger modeinteressierten Besucher auf ihre Kosten kommen.

 
 
(Dieser Blogeintrag ist ein Auszug aus der gleichnamigen, in meinem Buch „Höhenangst in Paris, böhmische Drachen und eine wenig bekannte Wiedergeburt“ im Anthea-Verlag erschienenen Reiseskizze. Sie können Sie auch in elektronischer Form in dem E-Book über das jeweilige Land erwerben.)
 
 
 
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