Klein, aber oho!
Spätestens, wenn man auf der
ersten Schautafel eines Museums den Satz liest: „Vor 65 Millionen Jahren hatten
die Dinosaurier Pech.“ (oder in der englischen Version: „65 million years ago,
the dinosaurs had a bad day.“), weiß man, dass man sich mit Sicherheit nicht in
einem Mainstream-Museum befindet. In diesem Fall geht es nicht einmal im
eigentlichen Sinne um Dinosaurier, sondern um Steine, und auch diese sind weit
vom Mainstream entfernt. Während nämlich die meisten Gesteine über Millionen
Jahre innerhalb der Erdschichten entstanden oder auf eine vulkanische
Vergangenheit zurückblicken können, sind die Protagonisten dieses Museums aus
einem Meteoriteneinschlag hervorgegangen, und so kam es auch zur thematischen
Verbindung mit den Sauriern. Allerdings liegt der Meteoriteneinschlag, der die
Moldavite auf der Erde hervorbrachte, erst knapp 15 Millionen Jahre zurück. Der
Krater befindet sich in Bayern, die meisten Moldavite wurden jedoch auf dem
Gebiet der heutigen Tschechischen Republik gefunden. Daher hat der Stein auch
seinen Namen - nach der Moldau, in deren südböhmischem Einzugsgebiet die
meisten Steine gefunden wurden.
So liegt es auch in der Natur der
Sache, dass sich das Moldavit-Museum in Český Krumlov befindet, einem zwar
kleinen, aber dennoch bedeutenden Touristenstädtchen, in dessen Zentrum es vor
Museen nur so wimmelt. Da gibt es außer der zweitgrößten erhaltenen Burganlage
der Tschechischen Republik beispielsweise das Egon-Schiele-Zentrum, das
Foltermuseum, das Handelsmuseum und andere. Manchmal weiß man gar nicht, wohin
man zuerst gehen soll, doch das Moldavit-Museum wird bereits auf den
Zufahrtsstraßen in die kleine Stadt so intensiv beworben, dass jeder, der sich
für Steine interessiert, bereits Gelegenheit hat, es für den kommenden
Stadtbummel einzuplanen.
Entstanden ist es aus einem
Restaurant, und bereits im Vorraum kann man sich anhand von Fotos ansehen, wie
aus der einstigen Bar der wichtigste Ausstellungsraum und aus dem
Gaststättenbereich der Kinosaal wurde. Nun glänzt das ganze Ensemble mit
moderner Museumstechnik, und allein schon das dunkle Kellergewölbe, in dem in
leuchtenden Säulen die schönsten Fundstücke präsentiert werden, ist einen Besuch
wert. In Schaukästen erfährt man etwas über die verschiedenen Formen, Oberflächenstrukturen
und Farben des Moldavits, sieht, wie er im Sediment aussieht, und kann sich
über Fundorte und darüber informieren, wie heute noch nach ihm gesucht wird.
In einem Raum darf man sogar
seine eigenen Kräfte überprüfen, indem man einen virtuellen Meteoriten
schleudert und anschließend auf einem Bildschirm angezeigt bekommt, was für
einen Krater und welche sonstigen Zerstörungen man damit auf der Erde auslösen
würde. So ist das Museum also auch noch eine gute Möglichkeit, Aggressionen
loszuwerden, falls man es in einem Städtchen wie Český Krumlov überhaupt
schafft, diese aufzubauen. Natürlich dürfen in der Ausstellung auch die
Schmuckstücke nicht fehlen, die einheimische Designer aus dem meist
flaschengrünen Material gefertigt haben.
Im Kinosaal schließlich erfährt
man vieles über die Entstehung und Entdeckung der Moldavite: Sie gehören zu den
Tektiten, also zu jenen Materialien, die zwar irdischen Ursprungs sind, aber
durch den Einschlag eines Meteoriten geschmolzen und teilweise Hunderte
Kilometer fortgeschleudert wurden. Erstmals beschrieben wurden sie 1786,
allerdings wusste man damals noch nicht, woher sie stammten. Deshalb
bezeichnete sie Professor Mayer bei seinem Vortrag in Prag als Chrysolithe,
denn er vermutete einen mineralischen Ursprung. Am Anfang des 19. Jahrhunderts wurden
die Moldavite für vulkanisches Glas gehalten und den Obsidianen zugeschlagen,
und erst 1933 kam man ihrer tatsächlichen Herkunft auf die Spur, nachdem zuvor
die absonderlichsten Theorien von auf die Erde gelangtem Mondmaterial bis hin
zu Starts von außerirdischen Raumschiffen angenommen worden waren.
Aus welchem Grund man dieses
Museum auch betritt, ob man sich für Gesteine oder Meteoriten interessiert, ob
man auf Heilsteine vertraut oder Schmuck faszinierend findet - man erfährt auf
jeden Fall viel Interessantes und kommt schlauer wieder heraus, als man
hineingegangen ist.
Doch auch andere Museen in dieser
kleinen Stadt sind durchaus einen Besuch wert. Manchmal kann man sich gar nicht
entscheiden, welchem man den Vorzug geben soll. Vieles gibt es in der Stadt in
der Nähe der Moldauquelle zu entdecken, doch ihre verschiedenen
Museen sind der beste Beleg dafür, dass sehenswerte Ausstellungen nicht immer
durch ihre Größe punkten müssen. Manchmal ist weniger mehr, und man freut sich,
dass man mehrere Entdeckungen dieser Art an einem Tag machen kann.